

28.01.2021 | 18.00 Uhr
Rat, 2. Sitzung
in 52388 Nörvenich, Neffeltalhalle
| Uhr
in

FDP Ortsverband
Ingola Schmitz
Oberstraße 17
52388 Nörvenich
Tel: 02426-902206
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Haushaltsrede | 26.01.2021
Der Kreisetat 2021 soll am kommenden Dienstag eingebracht werden. Schon jetzt hagelt es Kritik der Bürgermeister.
Bürgermeister meutern gegen den Kreishaushalt.
Die Umlage der Gemeinde Nörvenich soll um 581.277,81 Euro steigen.
KREIS DÜREN In einem gemeinsamen Schreiben kritisieren die 15 führenden Köpfe in den Rathäusern den Entwurf der Kreis-Finanzplanung ungewöhnlich scharf. Die Verwaltungschefs fordern von Kreisverwaltung und Kreistag erheblich stärkere Sparbemühungen und sind derzeit nicht bereit, das Benehmen zum Haushaltsentwurf herzustellen.
Wenn am kommenden Dienstag der Kreisetat für das laufende Jahr eingebracht wird, werden die Bürgermeister in den Zuschauerreihen fehlen. Dass die Verwaltungschefs aber grundsätzlich ein großes Interesse am Zahlenwerk haben, liegt auf der Hand: Der Kreis finanziert sich zu großen Teilen über die Umlage, die die Kommunen zahlen müssen. Bei den späteren Beratungen wollen die Verwaltungschefs jedoch anwesend sein: Die Bürgermeisterrunde kritisiert den Haushalt des Kreises in einem Schreiben ungewöhnlich scharf. Mehr noch: Alle Kommunen werden das Benehmen nicht herstellen.
Dieser formelle Akt muss zwar noch von den Räten beschlossen werden, zeigt aber deutlich die Unzufriedenheit. Im Zentrum der Kritik stehen nicht nur die Zahlen als solche, auch im Miteinander scheint Sand im Getriebe. „Die Kommunen stehen nicht für eine Partnerschaft zur Verfügung, bei welcher etwa beim Kreishaushalt über deren Kopf hinweg und gegen deren einstimmige Stellungnahmen entschieden wird und nur dort, wo man die Kommunen auch aus rechtlichen Gründen in Ermangelung eigener Zuständigkeit zur Umsetzung der Visionen des Kreises benötigt, um Unterstützung geworben wird“, heißt es im Schreiben an den Landrat, das von allen Bürgermeistern im Kreis unterschrieben ist.
Gemeinsame Tagung
Die Bürgermeisterrunde hat in der vergangenen Woche in Jülich getagt und das Schreiben festgezurrt. Trotz der sehr deutlichen Worte legt die Sprecherin der Runde, die Linnicher Bürgermeisterin Marion Schunck-Zenker (SPD), Wert darauf, dass man nicht auf Konfrontation zum Landrat Wolfgang Spelthahn (CDU) und der Kreisverwaltung aus sei und sagt: „Es gehört zu einer Partnerschaft dazu, dass man auch einmal Finger in Wunden legen muss, damit sich Dinge verbessern.“ Um diese Kritikpunkte geht es in dem 14-seitigen Schreiben:
Strategie des Kreises: Die Kommunen fordern eine Gesamtstrategie des Kreises, „die nicht zwischen Tagebaukommunen und Nicht-Tagebaukommunen unterscheidet“. Entwicklungen wie die Wachstumsinitiative können in ihren Augen nur auf einem gemeinsamen Weg gefunden werden. Die Bürgermeister machen keinen Hehl daraus, dass die Stabstelle „Wandel und Innovation“, die Wirtschaftsförderung, die Kreisentwicklung und die Tagebauumfeldinitiativen besser zusammenarbeiten sollen.
Beteiligung der Kommunen: Wenn man die Kommunen auf dem Weg zum Ziel mitnehmen wolle, dürfe man sie nicht mit neuartigen Budgetansätzen überraschen. „Es ist Aufgabe der Kreisverwaltung, im Vorfeld darzulegen, welche Ressourcen der Kreis neu aufzubauen plant“, heißt es. Die Bürgermeister fordern im Vorfeld eine „engere Abstimmung“.
Genehmigungsstau: Strukturwandel und Wachstum gehen mit „erheblicher Bautätigkeit“ einher. Der Kreis ist außer für Jülich und Düren auch Baugenehmigungsbehörde, allerdings herrsche dort schon jetzt „eine totale Arbeitsüberlastung“. Die Verwaltungschefs gehen zudem davon aus, dass einige Mitarbeiter der Kreisverwaltung das Ruhestandsalter in naher Zukunft erreichen. Zusätzliche Stellen werden nötig sein, sollen aber nach dem Willen der Kommunen über Fördermittel finanziert werden.
Qualität der Zusammenarbeit: Die Bürgermeister sehen ein Ungleichgewicht zwischen Kreis und Kommunen, was die Standards von Projekten betrifft und erwarten eine Steuerbremse. Moderate kommunale Steuersätze würden auch zur Attraktivität eines Kreises beitragen. Es sei nicht zu vermitteln, wenn auf Kreisebene gute und qualitative Angebote vorhanden seien, in den Kommunen jedoch „gute Standards an fehlenden Mitteln scheitern“. Als Beispiel nennen die Bürgermeister die millionenschweren Investitionen in Berufskollegs, wohingegen man in den eigenen Schulen nicht einmal Fenster ohne Fördermittel finanzieren könne.
Höhe der Kreisumlage: Zwar ist geplant, die allgemeine Kreisumlage zu senken, allerdings sieht man in den Rathäusern das Rücksichtsnahmegebot nicht ausreichend gewürdigt. Mit anderen Worten: Der Kreis soll sparsamer agieren. „Externe Gutachten mit dem Ziel, Mehrbedarfe nachzuweisen, sehen wir als nicht dienlich an“, schreiben die Bürgermeister. Seit dem Jahr 2015 ist das Eigenkapital des Kreises gewachsen. „Dies ist aus Kreissicht sinnvoll, darf aber nicht zu Lasten der Kommunen gehen“, sagt Marion Schunck-Zenker. Vielmehr müsse der Kreis das Eigenkapital ausschöpfen, um die Umlage zu senken. In diesem Zusammenhang begrüßen die Bürgermeister, dass der Kreis für 2021 einen einjährigen Haushalt vorsieht. So könne man Geld zeitnäher an die Kommunen zurücküberweisen.
Jugendamtsumlage: „Die Entwicklung der Höhe der Jugendamtsumlage ist besorgniserregend“, schreiben die Verwaltungschefs. Vor allem die Kosten für „Hilfen zur Erziehung“ sind in ihren Augen Ursache, dass die Umlage um mehr als sieben Millionen Euro steigt. Allerdings fußt diese Summe auch auf einer erwarteten „coronapandemiebedingten“ Fallzahlensteigerung – „Coronakosten“ können jedoch vom Etat isoliert und über Jahre abgeschrieben werden, was das Defizit des Kreises im laufenden Jahr deutlich verringern würde. Auch die Finanzierung der Kindertagesbetreuung muss aus Sicht der Bürgermeister überprüft werden: So tragen Kommunen mit eigenen Kindertagesstätten zusätzlich die Trägerkosten der „Kreismäuse AÖR“ mit.
In dem Schreiben machen die Bürgermeister deutlich, was ihnen bleibt, sollte es zu weiteren Steigerungen in der Kreis- und Jugendamtsumlage kommen: Steuererhöhungen. Eine Million Euro Mehrbelastung bedeuten nach ihren Berechnungen in Düren zusätzlich 14 Punkte vom Grundsteuer-B-Hebesatz, in Jülich zehn und in Kreuzau acht Punkte. Aus diesem Grund stelle man das Benehmen nicht her. Dieser behördliche Akt bedeutet zwar nicht, dass der Kreisetat nicht beschlossen wird, spielt aber im Abwägungsprozess der Bezirksregierung eine Rolle, wenn der Kreishaushalt genehmigt werden soll. Allerdings ist es ausgesprochen selten, dass aus Köln ein Veto erklingt.
Für Schunck-Zenker steht ohnehin der „enge Schulterschluss“ im Vordergrund: „Wir stehen mit dem Strukturwandel vor einer großen Herausforderung, die wir als Region nur gemeinsam meistern können.“ Deswegen sei es wichtig, dass die kommunale Familie zusammenrücke.
VON PATRICK NOWICKI DN/DZ
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